Auf der Suche nach Vertiefung

Heinrich Fellenz hat zwei große Themen: der Mensch, erfasst als Porträt, als Akt. In zweiter Linie beschäftigt er sich mit der Landschaft. Er geht aus von Skizzen nach der Natur, die er in einem schrittweisen Abstrahierungsprozess im Atelier in Malerei umsetzt. Die zunächst naturgetreue Skizze erfährt schon durch die Wahl der Farben, durch das neben einander Positionieren der Farben eine Verfremdung. Heinrich Fellenz liebt Farbe, er scheut nicht die Leuchtkraft von Farben, er modelliert mit den Farben die Form. Durch Abstimmung und Differenzierung wird aus dem Abbild der Natur sein ganz persönliches Bild der Natur.

Ob der Künstler sich von Landschaften in Italien oder seinem geliebten Gomera inspirieren lässt, immer faszinieren ihn die Weite, die Möglichkeiten der Fülle, die sich dem Auge bietet. Es sind Blicke, die über Horizonte hinausgehen, die Landschaften von mythisch-mystischer Tiefe entstehen lassen. Zumeist wachsen die Landschaften wie ein Blütenstrauß aus dem unteren Rand des Papiers oder der Leinwand; diese von schmalen Anfängen nach oben sich verbreiternde Grundgestalt in V-Form ist in fast allen seinen Arbeiten zu finden. Selten ist es die Landschaft für sich, die Form oder die Farbe allein, die den Künstler fesselt. Landschaft ohne Heinrich Fellenz vielleicht zu oberflächlich, zu schön, aber leer.

Manche Landschaft entsteht ohne Vorlage, ohne Entsprechung in der Realität. Es sind mystische Sakralräume, ganz still und konzentriert, auf einen Weg, einen Gedanken gerichtet. Nicht Bäume noch Pflanzen, nicht ein Küstenverlauf oder ein verfließender Horizont bestimmen die Struktur, sondern in einer abgeschlossenen, wie durch eine Haushofer´sche Wand getrennten Welt ist ein oder sind mehrere Menschen unterwegs, auf der Suche nach der Tiefe ihres Seins. Die Landschaft ist Illustration der seelischen Stimmung, sie ordnet sich unter, sie existiert nicht für sich selbst. Es sind schweigsame Landschaften, in denen kein Tier laut gibt. Doch geht nichts Bedrohliches von ihnen aus, im Gegenteil, sie strahlen Ruhe und Wärme aus. Die Landschaft als Heimstatt des vegetabilen Wucherns, als Schlachtfeld des steten Kampfes in der Natur, diese Landschaft entspricht nicht der Sehnsucht des Künstlers nach Sicherheit und Klarheit des Wissens. Er nimmt Widerstände in Kauf, doch Hindernisse finden im Kopf statt, sie verzögern die Suche, lenken aber nicht ab.

Die Aktzeichnung, vor allem die Darstellung des weiblichen Körpers, begleitet Heinrich Fellenz durch Jahre. Sehnsüchtig spürt er die Liebe nach, er will sie in allen ihren Formen sehen lernen. Seine liebenden Paare sind immer voll aufeinander konzentriert, sie umschlingen einander in Harmonie. Eines das andere schützend und bewahrend, sind seine Paare wie in einem Kokon eingesponnen, Eros ein Weg zur Fülle des Menschseins. Seine Akte sind nicht einsam, sondern sie sind im Prinzip der Gemeinsamkeit geborgen, sie sind nur aus der Bezogenheit aufeinander existenziell vorhanden. Respektvoll und behutsam finden sie ihre Position. Hier findet kein Kampf statt, es wird nicht um Stärke gerungen, sondern es wächst Ruhe und Klarheit der Beziehung zueinander.

Abstrahierend und doch klar in der Linienführung erkennbar, gibt Heinrich Fellenz sowohl bei Landschaftsbildern als auch bei Akten von der Skizze nach der Natur bis zum fertigen Bild einen Weg vor, der vom Abbild zum Bild führt. Die Abstraktion reduziert, lässt Unwesentliches weg und gibt dem Körper, dem Raum sein Geheimnis zurück. Gerne verfolgt er einen Gedanken, ein Thema in mehreren Variationen, formt daraus einen Zyklus.

Erst jüngst wagte er den Schritt in die dritte Dimension, die Umsetzung einer Zeichnung in plastische Form. Zweifellos ein Abenteuer, eine Endekungsreise und ein schwerer Lernprozess, allein für die Muskelkraft. Doch die fertige Bronzefigur überzeugt, sie lässt auf weitere ähnliche Arbeiten hoffen.

Heinrich Fellenz ist ein stets glücklich Suchender, begleitet und getragen von ihm unentbehrlichen musikalischen guten Geistern, ist er in farbenfrohen Bildern unterwegs zur Tiefe seines Seins

Dr.Isabella Ackerl